Kommentar zum Kölner Oper-DebakelEine Baustelle – viele Verlierer

Ein Kommentar von
Lesezeit 3 Minuten
Plakate mit der Aufschrift „Bühnen Köln Sanierung“ hängen am Zaun rund um Oper und Schauspielhaus. Knapp sieben Jahre ist diese Aufnahme bereits alt, abgeschlossen ist die Sanierung immer noch nicht. (Archivbild)

Plakate mit der Aufschrift „Bühnen Köln Sanierung“ hängen am Zaun rund um Oper und Schauspielhaus. Knapp sieben Jahre ist diese Aufnahme bereits alt, abgeschlossen ist die Sanierung immer noch nicht. (Archivbild)

Das Versagen zahlreicher Verantwortlicher in Köln hat das Opern-Debakel verursacht.

Selbst wenn viele damit gerechnet hatten: Es bleibt die denkbar schlechteste Nachricht. Das erneute Eingeständnis, dass Oper und Schauspiel am Offenbachplatz auch in absehbarer Zeit nicht eröffnet werden können, ist ein weiteres Debakel für die Verantwortlichen, die es trotz mehr als zwölfjähriger Bauzeit, trotz gigantischem finanziellem und personellem Aufwand schlicht nicht geschafft haben, ein Haus aus den 1950er Jahren gründlich und abschließend zu sanieren.

Erneute Verzögerung ist ein Debakel für die Stadt Köln

Es ist aber auch ein Debakel für die Stadt Köln, die einst mit dem kühnen Plan angetreten war, ihre Bühnen innerhalb von drei Jahren auf den neuesten Stand zu bringen. Natürlich gibt es nicht den einen Verantwortlichen für das Scheitern, es gibt nicht das eine zentrale Problem. Denn das wäre vergleichsweise einfach, auf jeden Fall aber lösbar gewesen. Die Schwierigkeiten bei der Opernsanierung lagen und liegen tiefer: Die Gesamtsteuerung des Projekts war vom Start an inkompetent, überfordert und in den falschen Händen. Das hat sich nach der ersten Pleite im Jahr 2015 verbessert, dennoch läuft es hier bis heute nicht rund – sonst wären die Häuser ja bereits fertig und im Betrieb.

Mitverantwortlich ist aber auch die Stadtspitze, insbesondere gleich mehrere Bau- und Kulturdezernentinnen und -dezernenten sowie die Oberbürgermeisterin. Sie alle haben ihre Führungsrolle nicht ausreichend wahrgenommen, haben es mehrfach versäumt, rechtzeitig die Reißleine zu ziehen, um zumindest schlimmeren Schaden abzuwenden.

Viele tragen in der Stadtspitze die Verantwortung für das Opern-Debakel

Zu verlockend war für manch einen die Vorstellung, die Häuser noch innerhalb der eigenen Amtszeit mitzueröffnen. Bernd Streitberger, seit 2016 als technischer Betriebsleiter der Chefsanierer des Opernquartiers, ist der erste Beteiligte, der   sich öffentlich zu seiner Verantwortung für das aktuelle Scheitern bekennt – das ehrt ihn, das gab es bisher nicht. Sein Nachfolger wird nun ein externer Projektsteuerer. Einen solchen hätte es allerdings längst gebraucht, um das in Teilen dysfunktionale Mammutprojekt in zumindest halbwegs geordnete Bahnen zu lenken.

Für Köln verheißt all das nichts Gutes. Verlierer ist die Kultur, zunächst einmal ganz konkret die städtischen Bühnen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nun weiter in den Interimsspielstätten ausharren müssen, statt endlich die lange ersehnten Arbeitsplätze am Offenbachplatz beziehen zu können. Verlierer ist aber auch die Kulturstadt Köln, deren Ruf am Freitag ein weiteres Mal ramponiert wurde. Verlierer sind natürlich auch die Kulturliebhaber aus der Stadt und der Region, deren Hoffnungen sich ebenfalls auf die neuen alten Bühnen gerichtet hatten.

Eine Stadt, die keine Kraft mehr hat, sich zu verändern, beraubt sich ihrer Zukunftschancen

Und es gibt weitere Verlierer, auch jenseits der Kultur. Schon lange zaudert die Stadt, Großprojekte konkret anzugehen – selbst dann, wenn sie dringend notwendig sind wie etwa der Stadtbahntunnel unter der Ost-West-Achse. Es mag am Trauma des Archiveinsturzes von 2009 liegen, das bis heute nachwirkt. Doch die wiederholt dokumentierte Unfähigkeit, Oper und Schauspiel fertigzustellen, verstärkt dieses Gefühl. Das aber steht der notwendigen Weiterentwicklung der Millionenstadt inzwischen mehr als deutlich im Weg. Eine Stadt, die keine Kraft mehr hat, sich zu verändern, beraubt sich ihrer Zukunftschancen.

Das nächste Stadtoberhaupt wird im Jahr 2025 gewählt. Nicht unwahrscheinlich, dass sie oder er einst Oper und Schauspiel am Offenbachplatz tatsächlich eröffnet – wenn es gut läuft, sogar zu Beginn ihrer oder seiner Amtszeit. Bis dahin müssen die Verantwortlichen alles dransetzen, durch kluges Handeln und durch enge Führung das heillos verfahrene Projekt zu einem irgendwann doch noch glücklichen Ende zu bringen. Und damit der Kulturstadt Köln ihr Herz zurückzugeben.

KStA abonnieren